2 Ws 5/00
92 Js 28390.7198
Staatsanwaltschaft  b.d. OLG Frankfurt

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
                        BESCHLUSS

In der Klageerzwingungssache

b e t r . M.....,

V o r w u r f : Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz,

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 2. Strafsenat - auf den Antrag der
Alcoholics Anonymous World Services, Inc., 475 Riverside Drive, New York, N.Y.
10115, USA - vertreten durch Rechtsanwalt Frieder Roth, Gewürzmühlstr. 5,
80538 München -, auf gerichtliche Entscheidung über den Beschwerdebescheid der
Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 29.11.1999 -Zs15/
99 - am 21.6.2000 gem. §172ff StPO b e s c h l o s s e n :

Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin, die auch die dem
Beschuldigten durch das Klageerzwingungsverfahren etwa entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen hat, als unbegründet verworfen.

G r ü n d e :

Die Antragstellerin wirft dem Beschuldigten vor, durch seine verlegerische Tätigkeit
die ausschließlich ihr zustehenden Nutzungsrechte des in englischer Sprache
erschienenen Druckwerks ,,Alcoholics Anonymous" vorsätzlich verletzt zu haben.
Das erstmals 1939 in den USA erschienene Werk beruhe auf einem Text des
Mitbegründers von Alcoholics Anonymous, Bill Wilson. In den USA sei das Werk.
wegen des Ablaufs der dortigen Schutzfristen inzwischen gemeinfrei geworden, in
Deutschland genieße es jedoch aufgrund des staatsvertraglichen Übereinkommens
vom 15.1.1892 über den gegenseitigen Schutz der Urheberrechte zwischen dem
Deutschen Reich und den USA weiterhin urheberrechtlichen Schutz.

Der Beschuldigte betreibt unter der Firma ,,12&12" in Oberursel einen Verlag und
eine Versandbuchhandlung. In dem Mai-Katalog 1997 des Verlages bot der
Beschuldigte 3 verschiedene Ausgaben der englischen Originalfassung sowie eine
schwedische Ausgabe von ,,Alcoholics Anonymous" an. Bei den englischsprachigen
Ausgaben handelt es sich um
 

- das Buch ,,Alcoholics Anonymous" Reprint der Erstausgabe von 1939,
herausgegeben von der Big Book Fellowship, c/o RSC, Box 21212, Canton, Ohio
44701
- das Buch ,,Alcoholics Anonymous Study Edition", herausgegeben von IWS, Inc.,
ISBN 0-9637666-1-9
- das Buch ,,Alcoholics Anonymous" kleines Taschenbuch, herausgegeben von
IWS, Inc., ISBN 0-9637 666-0-0.


Der Beschuldigte vertritt die Auffassung, daß das Buch ,,Alcoholics Anonymous"
weder die geistige und literarische Schöpfung Bill Wilsons sei, noch in Deutschland
urheberrechtlichen Schutz genieße.

Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main hat mit Verfügung vom 6.7.1999 das
Verfahren gegen den Beschuldigten gern. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da ihm ein
vorsätzlicher Verstoß gegen §§ 106, 108 a UrhG nicht nachzuweisen sei. Die
hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin wurde durch Beschluß der
Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 29.11.1999
verworfen.

Der form- und fristgerecht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig,
bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg..

Es kann dahingestellt bleiben, ob Bill Wilson Urheber des fraglichen Werks gewesen
ist oder infolge einer Vorabveröffentlichung in den USA vor Eintragung eines
Copyrights das Werk ohnehin gemeinfrei war, so daß auch in Deutschland kein
urheberrechtlicher Schutz bestünde. Dem Beschuldigten ist jedenfalls nicht mit der
erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, daß er die Verletzung eines möglicherweise
bestehenden Urheberrechts der Antragstellerin mit dem Angebot im Mai-Katalog
1997 zumindest billigend in Kauf genommen hat. Der Beschuldigte hat nach dem
Vortrag der Antragstellerin im Jahr 1995 Herrn Rechtsanwalt Müller von der Heide
von der Rechtsabteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels um
Rechtsauskunft zur Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit der
verfahrensgegenständlichen Werke in Deutschland gebeten. Aus dem in der Akte
befindlichen Schreiben von Herrn Rechtsanwalt Müller von der Heide vom 7.1.1998
ergibt sich, daß dieser zunächst ebenfalls die Auffassung vertreten hatte, daß in
Deutschland für das Werk kein Urheberrechtsschutz bestehe. Erst im Dezember
1997 wurde diese Rechtsauffassung von ihm revidiert und die Meinungsänderung in
dem o.g. Schreiben dem Beschuldigten mitgeteilt. Es ist dem Beschuldigten daher
nicht nachzuweisen, daß er es unter diesen Umständen dennoch für möglich hielt,
daß ein Urheberrechtsschutz bestand und er dessen Verletzung billigend in Kauf
nahm. Die Anordnung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten wegen
Verstoß gegen §§ 106, 108 a UrhG kommt deshalb aus subjektiven Gründen nicht in
Betracht.

Da der Antrag erfolglos geblieben ist, hat die Antragstellerin die durch das Verfahren
veranlaßten Kosten zu tragen (§ 177 StPO). Hierzu gehören auch die dem
Beschuldigten im Klageerzwingungsverfahren etwa entstandenen notwendigen
A u s l a g e n .

Eimer VROLG
Gürtler ROLG
Dr. Pfeifer R'inOLG

Ausgefertigt
Frankturt am Main, den 28.Juni 00
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle