Oft bin ich verzweifelt zu meinem alten Krankenhaus gegangen. Wenn ich mich dort mit jemandem unterhielt, war ich verblüfft, wie schnell ich wieder aufgerichtet und auf die Füße gestellt war. Das ist ein Lebensrezept, das auch in schwierigen Zeiten funktioniert. Schnell fanden wir viele Freunde. Es bildete sich eine Gemeinschaft, und es ist eine wunderbare Sache, daran teilzuhaben. Wir können uns des Lebens freuen, selbst unter Druck und Schwierigkeiten. Ich habe Hunderte von Familien gesehen, die ihre Füße auf diesen Weg gesetzt haben, der wirklich zu einem Ziel führt. Wir haben gesehen, daß die unmöglichsten häuslichen Verhältnisse wieder in Ordnung kamen, daß Streit und Verbitterung aller Art ausradiert wurden. Ich habe Menschen gesehen, die aus Anstalten kamen und ihren wichtigen Platz im Leben der Familien und Gemeinden wieder einnahmen. Geschäftsleute und Akademiker haben ihr Ansehen wiedergewonnen. Es gibt kaum eine Form von Ärger und Elend, die wir nicht bewältigt haben. In einer westlich (von New York) gelegenen Stadt [Akron] und in deren Umgebung (Cleveland) sind es achtzig von uns und unsere Familien. Wir treffen uns regelmäßig [meet frequently], so daß Neulinge die Gemeinschaft finden können, die sie suchen. An diesen zwanglosen Zusammenkünften nehmen oft vierzig bis achtzig Personen teil. Wir wachsen an Zahl und Kraft.
Ein Alkoholiker, der noch am Glas hängt, ist kein liebenswertes Geschöpf. Unser Ringen um sie ist unterschiedlich anstrengend, oft komisch und manchmal tragisch. Ein armer Kerl beging bei uns zu Haus Selbstmord. Er konnte oder wollte unsere Art zu leben nicht begreifen.
Dennoch haben wir viel Freude an allem. Ich vermute, daß mancher schockiert wäre über unsere scheinbare Weltlichkeit und Leichtlebigkeit. Dahinter aber verbirgt sich tödlicher Ernst. Gott muß 24 Stunden am Tag [twenty-four hours a day] in uns und durch uns arbeiten - oder wir kommen um. Die meisten von uns haben das Gefühl, daß wir nicht weiter nach Utopia (dem zukünftigen Paradies), noch nach dem Himmel suchen müssen. Wir haben ihn bei uns - jetzt und hier. Täglich vervielfacht sich das einfache Gespräch mit meinem Freund in unserer Küche zu einem immer weiter werdenden Kreis des "Friedens auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen" [Luk2,14].
[Im Buch: Abbildung der Titelseite des Manuskripts von 1938]
[Im Buch: Abbildung des Vorworts des Manuskripts von 1938]
[ Vorwort <= | Inhaltsverzeichnis | => Kapitel 2 ] 
Stand: 27. Juni 1997