Benutzerfreundlichkeit

Am Beispiel des Toasters läßt sich die Benutzerfreundlichkeit der Produkte weltweit führender High-Tech-Unternehmen verdeutlichen:

Wenn IBM Toaster herstellen würde, dann würden sie riesengroße Toaster bauen, zu denen die Leute das Brot hinbringen müßten, damit es über Nacht getoastet werden könnte. IBM würde den weltweiten Markt für sich in Anspruch nehmen und fünf oder sechs solcher Toaster in Einsatz bringen.

Wenn Xerox Toaster herstellen würde, könnte man entweder ein- oder zweiseitig toasten, und alle nachfolgende Scheiben würden heller und heller werden. Aber der Toaster würde das Brot für sie auch pressen.

Wenn Oracle Toaster herstellen würde, dann würden sie behaupten, ihr Toaster wäre mit allen Marken und Arten von Brot kompatibel, aber wenn du ihn zu Hause hast, wirst du feststellen, daß die Bagle Maschine noch in der Entwicklung steckt, die Croissant-Extension in drei Jahren kommen wird, und daß das gesamte Gerät nur Rauch erzeugt.

Wenn Sun Toaster herstellen würde, dann würde der Toast oft verbrennen, aber du würdest eine wirklich gute Tasse Java bekommen.

Wenn Microsoft Toaster herstellen würde, müßtest du jedesmal, wenn du einen Laib Brot kaufst, einen Toaster erstehen. Du müßtest den Toaster nicht nehmen, aber du müßtest ihn in jedem Falle bezahlen. Toaster'95 würde 15.000 Pfund wiegen (dadurch benötigt er einen verstärkten Stahlboden), soviel Elektrizität verbrauchen, wie für die Versorgung einer kleinen Stadt nötig ist und 95 Prozent des Platzes in deiner Küche einnehmen. Microsoft würde behaupten, dies sei der erste Toaster, der dir die Möglichkeit gibt, zu kontrollieren, wie hell oder dunkel dein Toast sein soll und würde heimlich deine anderen Küchengeräte befragen, um herauszufinden, wer sie hergestellt hat.

Wenn SAP Toaster herstellen würde, wäre das Bedienungshandbuch ca. 10.000 Seiten dick. Der Toaster hätte 2500 Schalter, die alle nach exaktem Muster und in genauer Reihenfolge eingeschaltet werden müßten. Ein Team von Basis- und Funktionsunternehmern würde ungefähr ein Jahr brauchen, um den Toaster bestmöglich zu konfigurieren, und dann nochmals sechs Monate, um ihn zu testen. In der Zwischenzeit müßte deine gesamte Familie ausgedehnte Ausbildungskurse besuchen, um zu lernen, wie der Toaster zu bedienen ist. Und sie werden sagen: "Wenn einmal alles läuft, dann haben Sie den besten Toast der Welt bekommen."

A.A.W.S., Inc. würde Handbücher zum Eigenbau von Toastern herausgeben, die eine 2/3 Erfolgsquote versprechen, sofern die Bauanleitung der 12 Schritte exakt befolgt wird. Sie würden dokumentieren, daß ihre Idee zum Zusammenbau von Toastern bei allen möglichen Herstellern für Küchengeräte zusammengeklaut wurde, sich jedoch die Erfindung des Toasters patentieren lassen, weltweite Lizenzen verteilen und alle Firmen verklagen, die ebenfalls Toaster zu bauen versuchen. Sie würden ihre Kunden auffordern, eigene Toaster nach ihren Handbüchern zu konstruieren und zu vertreiben, und anschließenden diejenigen, die es wirklich tun, mit gerichtlichen Schritten bedrohen oder solche gegen sie einleiten. Sie würden behaupten, daß ihre Produkte von einer umweltfreundlichen "Höheren Energie" angetrieben werden, aber bei genauerer Untersuchung wirst du feststellen, daß die Heizspiralen aus herkömmlichen, verkalkten Batterien gespeist werden, die im Unterboden versteckt sind.

Der A.A. e.V. würde sich von AAWS die Exklusivrechte zum Toasten in Deutschland sichern und versuchen, die AAWS-Produkte nachzumachen. Sie würden einige wesentliche Veränderungen an der Bauanleitung vornehmen, um sicherzustellen, daß die Toaster nicht funktionieren und behaupten, sie seien in der Welt der einzige Originalhersteller von echten deutschen Toastern. Etwa bei jeder zwanzigsten Scheibe Brot führt der Toastversuch manchmal zum Erfolg, wobei die Qualität des Toastes unberücksichtigt bleibt, Hauptsache trocken. Der A.A.e.V. würde seine Geräte nicht für den Elektrohandel freigeben und auf Alleinvertrieb bestehen. Wer von ihnen einen Toaster haben möchte, müßte sich einer ihrer anonymen Selbstbastlergruppen anschließen und dort einen Bausatz zum dreifachen Preis des eigentlichen Marktwertes erstehen. Jedem Käufer würde ein 20% Rabatt auf den Kauf ihrer Produkte eingeräumt, doch der Vereinsvorstand wäre anschließend enttäuscht, wenn ihre Kunden das eingesparte Geld nicht in Form von Spenden an ihn zurückführen. In den Selbsttoastergruppen würden viele behaupten, daß die Reihenfolge der Produktionsschritte keine große Rolle spiele, jeder nach eigenem Ermessen vor sich hinbasteln könne, und daß der Bau eines Toasters ohnehin nicht sehr sinnvoll sei, da eine Scheibe Brot bekanntlich an der Sonne auch ganz von selbst austrockne. Wie AAWS würden auch sie all ihre Kunden zum Weitervertrieb ihrer Erfindung auffordern, und denjenigen, die dieser Aufforderung ernsthaft Folge leisten, mit gerichtlichen Schritten drohen oder solche gegen sie einleiten.

Index Freitag, 8. Mai 1998