Der Alkoholiker kann es schwierig finden, eine freundliche Beziehung zu seinen Kindern wiederherzustellen. Ihr junges Gemüt war für Eindrücke sehr empfänglich, während er trank. Ohne es auszusprechen hassen sie ihn vielleicht aus tiefstem Herzen für das, was er ihnen und ihrer Mutter angetan hat. Die armen Kinder werden oft von erbarmenswerter Härte und Zynismus beherrscht. Sie scheinen nicht vergeben und vergessen zu können. Das kann monatelang hängenbleiben, lange nachdem ihre Mutter Vaters neuen Weg zu leben und zu denken akzeptiert hat. Der Vater sollte es sich besser sparen, sie zu kritisieren oder auf Fehler hinzuweisen, solange sie in dieser Denkweise befangen sind. Er sollte sie keinesfalls übereilt mit seiner neuen Lebensweise bedrängen. Mit der Zeit werden sie erkennen, daß er ein neuer Mensch geworden ist, und auf ihre eigene Weise werden sie es ihn wissen lassen. Wenn dies geschieht, kann er sie einladen, an der morgendlichen Meditation teilzunehmen. Dann sind sie auch fähig, ihren Part in den täglichen Diskussionen ohne Groll oder Befangenheit zu übernehmen. Von da an wird es rasche Fortschritte geben. Solches Sich- wieder-finden trägt oft wunderbare Früchte.
Ob die Familie auf spiritueller Basis durchs Leben geht oder nicht - das alkoholkranke Familienmitglied muß es. Die anderen müssen durch sein verwandeltes Leben überzeugt werden, und es darf nicht einmal der Schatten eines Zweifels zurückbleiben. Er muß seinen Weg gehen. Die meisten Familien, die mit einem Trinker gelebt haben, glauben nur noch dem, was sie sehen.
Hier ein einschlägiger Fall: Einer unserer Freunde ist ein starker Raucher und Kaffeetrinker. Ohne Zweifel übertrieb er maßlos. Seine Frau sah das, und in der Absicht zu helfen begann sie, ihm deshalb Vorhaltungen zu machen. Er gab zu, daß er bei diesen Dingen übertrieb, sagte aber offen, daß er nicht bereit sei, damit aufzuhören. Seine Frau ist eine jener Personen, die wirklich das Gefühl haben, daß diese Genußmittel etwas Sündhaftes an sich haben, also nörgelte sie an ihm herum, und ihre Intoleranz brachte ihn zur Raserei. Er betrank sich. Natürlich war unser Freund im Irrtum - tödlichem Irrtum. So schmerzlich es war, er mußte es zugeben und seine spirituellen Zäune reparieren. Obwohl er inzwischen ein äußerst erfolgreiches Mitglied von Alkoholiker Anonymus ist, raucht er noch und trinkt Kaffee, aber weder seine Frau noch sonst irgend jemand hält über ihn Gericht. Sie sieht ein, daß es verkehrt von ihr war, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, wo doch seine schwereren Leiden so schnell geheilt worden waren.
Das Wichtigste zuerst! [First things first!] Wir haben zwei kleine Mottos, die darauf passen. Hier sind sie:
Leben und leben lassen. [Live and let live]
Nimm es leicht. [Easy does it]
[ Kapitel 8 <= | Inhaltsverzeichnis | => Kapitel 10 ] Stand: 27. Juni 1997